4 | Der Weg zum eigenen Haus im Dörfle

Angesichts ihrer als Missachtung empfundenden Situation breitete sich bei den jungen bildenden Künstler*innen Anfang der 70er Jahre ein neues Selbstbewusstsein aus. Die Möglichkeiten, Ausstellungen in eigener Verantwortung durchzuführen, waren sehr beschränkt. Außerdem gab es viel zu wenige Ateliers. Auch die Einrichtung einer Druckwerkstatt war nicht zufriedenstellend, es stand lediglich eine Werkstatt für Lithografie und Radierung in der Röntgenstraße 6 zur Verfügung.

Siegfried Schenkel setzte sich gemeinsam mit HK Bast und Peter Wilke für die Schaffung eines neuen Künstlerhauses ein, was er auch mehrere Jahre lang im Kulturausschuss des Gemeinderates der Stadt Karlsruhe einbrachte. Es wurden mehrere öffentlichkeitswirksame Maßnahmen durchgeführt, darunter eine Podiumsdisskussion im DGB-Haus und eine im Haus des Süddeutschen Rundfunks, eine Straßenaktion mit Unterschriftenlisten. Mehrere Gespräche mit Vertretern der Stadtratsparteien, mit dem Stadtdirektor und dem Oberverwaltungsrat hatten zum Ziel, bei der Bevölkerung und auf Gemeinderatsebene Rückhalt und Unterstützung für das neue Künstlerhaus zu erhalten.

Schenkel argumentierte im Vorwort des Katalogs zur Ausstellung „Qualität des Lebens“ 1976 im Foyer des Badischen Staatstheater, dass sich die Kunst nicht isoliert von der Gesellschafft entwickeln darf und sah die Gefahr, dass die Manipulation des Kunstmarkts verhindert, dass sich größere Bevölkerungsgruppen mit bildender Kunst auseinandersetzen können. In einer 1974 fertig gestellten Untersuchung über die berufliche und soziale Lage von Künstler*innen, die im „Künstler-Report“ veröffentlicht wurde, wurde berichtet, dass sich höchstens ein Fünftel derjenigen, die eine künstlerische Ausbildung abgeschlossen hatten, noch „im weiteren Bereich der bildenden Kunst beruflich tätig“ war.

Eine berufsständische Vertretung mit einem eigenen Künstlerhaus wurde in der zweiten Hälfte der 70er Jahre jetzt auch durch die Stadt Karlsruhe aktiv unterstützt. Die Berufsverbände Mannheim, Freiburg und Stuttgart verfügten zu der Zeit bereits über eigene Künstlerhäuser.

Vor dem Einzug in den heutigen Standort musste der Bezirksverband mehrmals umziehen: von den engen räumlichen Verhältnissen in der Karlstraße 28 1973 in die Blumenstraße 11, in der kurz zuvor ein Attentat auf die nahe gelegene Bundesanwaltschaft scheiterte. 1977 zog der Verband vorübergehend in die Brunnenstraße 38 ein, bevor er im September 1979 in der gleichen Straße einige Häuser weiter die Einweihung des neuen Künstlerhaus feiern konnte. Die beiden damaligen Vorsitzenden Siegfried Schenkel und Gerold Bursian sahen 1979 die Chance, „Werke vorzustellen, die von dem Angebot der bestehenden Kunstmarkt-Institutionen nicht oder sehr selten abgedeckt werden. Sie werden im Rahmen der Künstlerselbstverwaltung die Öffentlichkeit finden“.

© Katrin Lautenbach

Das Künstlerhaus beherbergt auf einer Fläche von 452 m² eine Galerie für Ausstellungen, Werkstätten für Lithografie, Siebdruck, Radierung, Keramik, einen Zeichensaal und eine Kellerbar.